Der Heimatverein in Mülsen St. Jacob e.V.

Als am 6. Mai 1991 Bürger zusammenkamen, die sich für die Geschichte ihrer Heimat interessierten, stand der Gründung eines Heimatvereins in Mülsen St. Jacob nichts mehr im Wege. Die Mitglieder hatten sich zwei Ziele auf ihre Fahnen geschrieben: Die Erforschung der territorialen Heimatgeschichte und der Ausbau des ältesten Hauses des Ortes zu einem Heimatmuseum. Dieses Haus, das im Jahre 1705 aus dem Abbruchholz des alten Kantorates errichtet wurde, war nahezu 300 Jahre im Besitz der Weberfamilie Härtel. Hans Härtel zahlte damals für das Bauholz 37 Altschock, 16 Groschen (1 Altschock entsprach 20 Groschen, 1 Groschen 12 Pf.) Noch heute ist im Untergeschoss im Gebälk die Jahreszahl 1610 zu sehen, die auf das hohe Alter des Bauholzes hinweist.

Schon kurze nach der Gründung des Vereins wurden die ersten Pläne geschmiedet.

Im Spätherbst 1991 wurde der Heimatverein als gemeinnütziger Verein in das Vereinsregister eingetragen.

Fast regelmäßig treffen sich Mitglieder montags zu Arbeitseinsätzen und gestalten das Umgebindehaus zu einem "Museum für Weberei- und Heimatgeschichte" um. Die Aufgaben sind vielfältig: Angefangen von baulichen Instandsetzungen bis zur Innengestaltung reicht die Palette der Arbeiten. Während in der vorderen Bohlenstube, die in den Originalzustand versetzt wurde, zu sehen ist, wie einst der Handweber lebte und arbeitete, laufen im Anbau die mechanischen Webstühle. Alles soll funktionsfähig sein. Bei den montäglichen Arbeitseinsätzen hat Manfred Böhm den Hut auf, ein Weber mit ganzer Seele. Ihm helfen die Mitglieder Johannes Grimm, Christoph Blauhut, Gerhard Kühn und Klaus Rehwagen. Wenn es um bauliche Dinge geht, dann sind Ulrich Blauhut, Lothar May und Heini Mühlmann die fachlich kompetenten Leute. Auch das Mitglied Martina Montsko geht mit zur Hand und werkt an dem ehrwürdigen Gebäude. Wenn es dann zur Vesper geht, bemüht sich Christine Günther um einen gemütlich gedeckten Tisch.

Zum jährlich stattfindenden "Radlersonntag", der immer am 2. Sonntag im Mai stattfindet, setzt sich Manfred Böhm "in den Stuhl" und zeigt den Besuchern die Technik des Webens, während andere Mitglieder die mechanischen Stühle in Gang setzen. Der May, Lothar dreht an der Kurbel des Grammophons und lässt alte Märsche erklingen. Für die Kinder dreht sich das Ratsrad und die älteren Radler lassen sich Bockwurst und Bier gut schmecken.

Das zweite Standbein ist die angesprochene Erforschung, Archivierung und Publikation der Heimatgeschichte. Neuestes Ergebnis ist die Recherche zu den sog. Menselblättern, die die Grundstücke des Mülsengrundes um 1838 dokumentieren. Hierbei ist das Mitglied Andreas Häcker zu nennen, der sich in zahlreichen Archiven kundig gemacht hat (s. auch den speziellen Beitrag).

Der Verein bringt zahlreiche Schriften heraus. So erscheint monatlich der vereinsinterne Anzeiger, der sich mit der Heimatgeschichte aller Art und Informationen des Vereins beschäftigt. Vierteljährlich erscheint auf Eigeninitiative die Zeitschrift "Mülsener Geschichtsblätter". Hefte geben Texte des hier ansässig gewesenen Heimatdichters und -schriftstellers Otto Max Sachse, behandeln die vor fast 50 Jahren eingestellte Mülsengrundbahn oder geben Texte des "Schönburgischen Kalenders" (1800/1810) wieder.

Jüngstes Kind des Heimatvereins ist die digitalisierte Aufarbeitung von Archivmaterial, das auf CD-ROM gebrannt werden soll. Gegenwärtig wird eine Sammlung vorbereitet, in der Fotos, Dokumente usw. zum Thema Mülsengrundbahn archiviert werden soll. Diese CD-ROM soll im Jahre 2001 anlässlich des 10jährigen Bestehens des Jacober Heimatvereins und zum 50jährigen Gedenktages der letzten Fahrt der Mülsengrundbahn erscheinen. Am 20. Mai 1951 fuhr die Schmalspurbahn Mosel - Ortmannsdorf zum letzten Mal. Am folgenden Tag begann schon der Streckenrückbau. Weitere Vorhaben sind die Erarbeitung einer digitalen Datenbank und eines Fachwerkkataloges auf diesem Speichermedium.

Die wichtigsten Besucher des Härtel-Hauses sind Schulklassen, die ihre heimatkundlichen Kenntnisse vervollständigen und das Wissen in ihrem Unterricht anwenden wollen. Das Nahebringen der heimatlichen Lebensweise unserer früheren Einwohner und die Traditionen der alten Handwerker und Weber gehört zum Lernstoff. Ohne das Wissen um unserer Vorfahren können wir nicht die Zukunft vorbereiten.

Wenn im nächsten Jahr der Heimatverein sein zehnjähriges Bestehen feiert, wird er auf zahlreiche Aktivitäten zurückblicken können. Der Verein hat in dieser Zeit etlichen Verbindungen zu anderen Institutionen und Archiven geknüpft.

Nur ein Problem macht dem Heimatverein Sorge - wie es auch anderen Verein geht - der Nachwuchs. Wenn diese Tradition nicht weitergepflegt wird, wird die jüngere Generation in naher Zukunft nicht mehr wissen, wie beispielsweise in früherer Zeit Stoff hergestellt wurde...

Besuchen Sie unser historisches Umgebindehaus nach Absprache unter Tel. 03 76 01/25 111 (Junge, Vorsitzender), Tel. 03 76 01/26 01 (Böhm, Mitglied) oder Zusenden einer E- Mail andreas.haecker@otelo-online.de (Häcker, Mitglied). Jeden Montag treffen sich die Mitglieder zu Arbeitseinsätzen in der Zeit zwischen 14.00 und 18.00 Uhr und zeigen gern die Räume.

Ehrhard Junge, Vorsitzender

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