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Für Heinrichsort musste der Graf erst mal Land kaufen

Als man im Jahr 1691 das kursächsische Zollhaus Zschocken an der verkürzten Verbindung vom Erzgebirge ins getreidereiche Niederland errichtet hatte, setzte bald ein reger Verkehr ein. Die Gasthäuser "Grüne Tanne" in Raum und "Promnitzer" an der Hohen Straße erlebten eine Blütezeit.

So wollte auch Graf Wilhelm Heinrich zu Solms-Wildenfels einen Gasthof bauen lassen. Dort sollte Wildenfelser Bier ausgeschenkt werden. Er wählte hierfür die waldfreie Ortmannsdorfer Höhe aus, wo der Anstieg für die schweren Fuhrgespanne von Lichtenstein her zu Ende war. Gleichzeitig wurde die Errichtung eines Ortes geplant, der seinen Namen tragen sollte. Da der Graf dort oben kein Land besaß, kaufte er 1715 von zwei Ortmannsdorfer Bauern Felder für 247 Taler.

Schon im Herbst desselben Jahres wurde mit dem Bau der Schänke begonnen. Teichmüller Paul Roscher aus Wildenfels erhielt dafür 36 Gulden Lohn und eine Tonne Bier für die Bauleute. Die Siedler bekamen zu ihrer Baustelle Garten und Feld gegen einen jährlichen Erbzins von zwei Talern. Zählte man 1726 erst zwei Ansässige, so waren es 1807 bereits 59. Die ersten Dorfbewohner holten das Wasser noch aus dem herrschaftlichen Brunnen nahe dem Gasthof. Ihre Häuschen errichteten sie in unmittelbarer Nähe. Bald erwarben sie auch Waldgrundstücke von Ortmannsdorfer Bauern, rodeten, bauten Ställe und Scheunen.

Bis zum Jahr 1900 hatte sich der Ort um ein Drittel auf 36 Hektar vergrößert. Man nannte ihn Heinrichsort. Wegen der vielen Holzdiebstähle in dieser Zeit wurde statt Heinrichsort auch der Scherzname Kuber oder Mauskuber verwendet. Ein Mädchen aus diesem Ort nannte man eine Köbersche. Mit Kober wurden in Sachsen und Thüringen obere hochgelegene Ortsteile bezeichnet, wo ärmere Bauern oder Häusler siedelten. Auf dem nach Westen fallenden Gelände entstand um 1854 eine weitere Streusiedlung mit Parzellenflur, Hintermülsen, aber auch Neuer Anbau von Ortmannsdorf genannt. Verwaltungsmäßig gehörte diese Ansiedlung von Anfang an zu Ortmannsdorf und ist jetzt Ortsteil von Mülsen, das heutige Marienau.